Fachtag mit VR-Erfahrung und Netzwerkpartner*innen an der HAWK gut besucht
„Das Ziel dieser Veranstaltung ist, zu sensibilisieren, ein Forum zu bieten und zu entstigmatisieren“, leitete Katja Scholz-Bürig, HAWK-Vizepräsidentin für Studium und Lehre, in ihren Begrüßungsworten thematisch die Veranstaltung ein. Mit dem Forum wolle die Hochschule das Thema psychische Gesundheit sichtbar machen und Berührungsängste abbauen. Denn Depressionen sind eine komplexe Erkrankung, die die wenigsten Menschen für sich alleine bearbeiten können und mit der auch Familien oftmals ohne weitere Hilfe überfordert seien. Langfristig, so der Anspruch, soll das Forum dazu beitragen, dass psychische Gesundheit an der HAWK ernst genommen wird und die Hochschule hier gut unterstütze, so Katja Scholz-Bürig. Sie verband ihre Wünsche für die Teilnehmenden mit der Hoffnung, dass der Tag zu „mehr gegenseitigem Verständnis“ und wachsendem Respekt beitrage.
Weltweit sind hunderte Millionen Menschen von Depressionen betroffen, wie offizielle Statistiken der WHO und der Bundespsychotherapeutenkammer darlegen. Besonders im Blick hatte die Veranstaltung Studierende und Beschäftigte der Hochschule im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, die statistisch am stärksten gefährdet sind.
Das Foyer im Goschentor war zum Forumstag gut gefüllt, über hundert Studierende informierten sich bei den zahlreichen Institutionen und Organisationen, die sich mit dem Thema beschäftigen und mit Ständen präsentierten. In den Nebenräumen gab es fachliche Inputs und die VR-Erfahrung der Robert-Enke-Stiftung als multisensorischen Videoclip.
Die Idee zum Forum entstand im Sommer auf Initiative von Prof. Dr. Viviane Schachler (Fakultät Soziale Arbeit in Holzminden) und Prof. Dr. Karin Cudak. Schachler ist Senatsbeauftragte für Studierende mit Beeinträchtigungen, Cudak ihre Stellvertreterin und zugleich Inklusionsbeauftragte der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit in Hildesheim.
„Depression ist eine stark stigmatisierte, versteckte Krankheit“, so Cudak. Viele Betroffene würden nicht offen über ihre Situation sprechen. Zugleich verwies sie auf die Lage der Studierenden: Rund 16 Prozent hätten eine Beeinträchtigung, die ihr Studium erschwere, viele davon im psychischen Bereich. Depressionen seien aus ihrer Sicht „eine der häufigsten psychischen Erkrankungen“, die alle treffen könnten – als Betroffene, im Familien- und Freundeskreis oder als gesellschaftliches Phänomen, das Menschen an Arbeit, Sorgearbeit oder Engagement hindere und damit auch wirtschaftliche und politische Fragen aufwerfe.
Betroffene sähen sich häufig mit Unverständnis und vermeintlich einfachen Ratschlägen konfrontiert. Depressionen seien nicht mit einem einzigen therapeutischen Ansatz, gut gemeinten Ratschlägen wie „mehr Bewegung“ oder einem Medikament „einfach wegbehandelbar“. Stattdessen brauche es hohe fachliche Kompetenz und jeweils passende, auch kulturell sensible Behandlungsansätze. Für die HAWK ergebe sich laut Cudak daraus die Aufgabe, im Rahmen einer gesunden Hochschule und einer inklusiven Campuskultur Barrieren im Studium abzubauen – von Prüfungsbelastungen bis hin zu Formen einer humanen Bürokratie. Das Forum versteht sich als Baustein in einem längeren Organisationsentwicklungsprozess, mit dem die Hochschule ihren Umgang mit psychischen Erkrankungen weiterentwickeln will.
Schachler hob bei dem besonderen Angebot der Robert-Enke-Stiftung die körperliche VR-Erfahrung hervor: Die Simulation würde zusätzliche Authentizität verleihen. Sie betonte zugleich Grenzen des Formats: Als komplexe, biografisch gewachsene Erkrankung, könne eine Depression durch die VR nur angedeutet werden. Dennoch könne die Verknüpfung aus visueller Darstellung, Gewichtsweste und akustischem Gedankenstrom dazu beitragen, die Ausweglosigkeit, in der sich Betroffene oft befinden, bewusster zu machen.
Im Foyer präsentierten sich parallel zahlreiche Anlaufstellen aus Stadt und Landkreis Hildesheim. Diese berichteten im Anschluss von vielen guten Gesprächen mit den Studierenden, nicht nur über ihre Arbeit, sondern auch darüber, wie sich Studierende dort engagieren können. Eingeladen waren unter anderem das Ambulante Zentrum Hildesheim, das Bündnis gegen Depression Hildesheim e.V., der Sozialpsychiatrische Dienst, der Sozialpsychiatrische Verbund sowie Beratungsangebote der HAWK und des Studierendenwerks, die Zentrale Studienberatung, Projekte der Stadt und unabhängige Teilhabeberatung. „Das Spektrum der möglichen Anlaufstellen, die für Selbstbetroffene oder auch Angehörige da sind, sollte so sichtbar gemacht werden“, so Schachler. Veranstaltungen wie das Forum Depression sollen helfen, psychische Erkrankungen an der Hochschule nicht nur fachlich, sondern auch kulturell anders zu verankern – mit dem Ziel, Wissen auszubauen, Empathie zu stärken und Barrieren abzubauen.